Saul K. Padover, Lügendetektor. Vernehmungen im besiegten Deutschland 1944/45

Ein besonders beeindruckendes Buch ist die Schilderung dieses ungewöhnlichen Autors. Padover – in Wien geboren, aber bereits 1920 mit den Eltern in die USA übergesiedelt – kam mit den amerikanischen Besatzungstruppen nach Deutschland. Hier konnte der soziologisch-psychologisch interessierte Padover in Naziverhören erfahren, was für Menschen das waren, die nicht nur sechs Millionen jüdische Europäer ermordet hatten, sondern in nahezu jeder Lebenslage viel Leid erzeugt hatten, wenn es ihnen Vorteile brachte. Unterschiede zwischen Bürgern verschiedener Schichten sind dabei praktisch nicht zu erkennen.

Für mich war Folgendes besonders beeindruckend: Eine Nazifrau, die beleibe nicht unschuldig war, versuchte in ihrem Verhör ihre gute Gesinnung mit allerlei Papieren zu belegen. Padover hat an diesem Punkt die Erleuchtung, dass wir Deutschen keine Probleme damit hatten, Menschen zu verbrennen. Papiere und Urkunden aber, die würden wir niemals verbrennen.

So platt das in dieser Situation klingt, ich glaube, hier hat er recht, und zwar bis heute. Denn anders ist dieser Wahn aus Zeugnissen, Zertifikaten, Belegen und Urkunden nicht zu verstehen. Ohne Papier ist und bleibt man wertlos in diesem Land.

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