Hunter S. Thompson, Hell’s Angels

Das war der furiose Durchbruch Thompsons!

Der Expilot, der den Geschwindigkeitsrausch auf Motorrädern liebte und ein Auge für die Outsider hatte, kam in den 60ern in Kalifornien an dem ersten großen Zweiradklub einfach nicht vorbei. Überhaupt stellt sich die Frage: Hat Thompson die Nähe gesucht, weil er von den Angels fasziniert war, und dann über sie geschrieben? Oder ist er wirklich von vornherein mit dem Ziel sie auszuforschen auf sie zugegangen?

Wie dem auch sei. Thompson schildert ungeschönt, aber auch ehrlich (wirkend), was es mit dieser stinkenden Horde auf sich hat, die sämtliche gesellschaftlichen Konventionen ablehnt. Abgesehen von ihrem eigenen Ehrenkodex. Viele Horrorstorys, die sich um die ersten Jahrzehnte der Angels drehen, kann Thompson als blühende Fantasien kleinbürgerlicher Hobbyredakteure enttarnen. Dafür tischt er Storys auf, die seinerzeit neu waren. So zeichnet sich bereits in den 60ern sehr deutlich ab, wie der Club sich mit der aufkommenden kalifornischen Drogenszene vermischt.
Letztlich fand ich es besonders interessant, wie Thompson aufzeigt, was für ein reaktionärer Haufen sich da um Sonny Barger verschweißt.

Ein spannendes Buch, das ich zur Lektüre jedem empfehlen kann, der einmal hinter die Kulissen linsen möchte oder der gern Thompson liest.

PS: Über zehn Ecken kenne ich einen Exbandido, der mir Geschichten erzählt hat, bei denen Thompson bis über beide Ohren rot geworden wäre. Und jetzt kommt’s: Einerseits würde der Exbandido seine Erlebnisse gern veröffentlichen, andererseits fürchtet er, dass er danach endgültig untertauchen müsste. Aber wer weiß, vielleicht werde ich ja noch Ghostwriter.


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Kommentare

2 Antworten zu „Hunter S. Thompson, Hell’s Angels“

  1. Avatar von doctotte

    Gewisse Themen ist schön ausgedrückt. 🙂
    Aber das stimmt, das sollte man bei Thompson sowieso.

    Und auch dem Schluss des Kommentars kann ich nur zustimmen. Thompson versuchte immer, selbstbestimmt zu leben – bis in den Tod.

  2. Avatar von mae
    mae

    Das Buch fand ich auch recht interessant, z.B. die Kollisionen mit den damaligen Friedens- und Anti-Vietnam-Demonstranten, glaube gar in Berkeley. Gewalt ist halt Teil des HA-Lebensstils, aber damals war das alles noch vergleichsweise harmlos. Parallelen zur gesellschaftlichen Entwicklung der USA sind vermutlich kein Zufall.
    „Fear and Loathing in Las Vegas“ ist auch interessant, aber total abgedreht. Bzgl. beider Werke sollten Leser eine gewisse Offenheit für gewisse Themen mitbringen…
    HST hat ja konsequent seinen Freitod durchgezogen, bevor er zum Tattergreis absacken konnte. Habe ich höchsten Respekt vor, mal sehen…

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