Mein Vater (26)

Mein Vater war Filmfan. Er schätzte vor allem Hitchcock und Leone. Von Spiel mir das Lied vom Tod hatte er sogar die Single mit dem Titellied zu Hause. Als Kind nahm ich die Single gern in die Hand und bewunderte mit einem gruseligen Schauer das Cover, auf dem die Erschießungsszene vom Anfang sehr bewegt dargestellt war.

Natürlich ging mein Vater auch mit uns ins Kino, allerdings in andere Filme. Mein erster Kinofilm war Bernhard und Bianca. Das war natürlich in der Lichtburg. Ich war von Anfang an bis aufs Äußerste fasziniert und ließ mir von meinem Vater erklären, wie man Trickfilme macht. Hier hatte er besonders viel Ahnung und konnte mir detailliert erläutern, wie man macht, dass gezeichnete Albatrosse fliegen.

Seine Kenntnisse beim Wetter waren dagegen weniger brillant (oder er hatte weniger Lust, sie an mich weiterzugeben). Es gab eine Zeit, da fand ich das Wetter sehr interessant. Ich wollte wissen, warum es donnert und woher die Meteorologen wissen, wie das Wetter am nächsten Tag wird. Letzteres erklärte mein Vater damit, dass die Meteorologen sich abends das Wetter und den Wolkenzug anschauten und deshalb sagen konnten, ob es regnen wird oder nicht. Den Donner erklärte er mir damit, dass er entstünde, wenn die Wolken zusammenstießen.

Ein weiterer Film, den ich mit meinem Vater gesehen habe, war Buddy haut den Lukas. Ich weiß nicht, warum es bei Bernhard und Bianca besser ging, vielleicht war der Sitz kaputt gewesen, aber bei Buddy stellte sich mir in der Lichtburg das Problem, dass ich für den Klappsitz zu leicht war. Der Sitz klappte also ständig nach oben, während ich noch draufsaß. Das amüsierte meinen Vater mehr als der Film.

An Bud Spencer mochte ich vermutlich, dass er körperlich gewisse Ähnlichkeiten mit meinem Vater hatte. Zumal ich meinen Vater sowieso als eine Art Stuntman betrachtete.

Einmal waren wir (mit dem Fußballverein?) in Elspe bei den Karl-May-Festspielen. (War da nicht sogar Pierre Brice persönlich aufgetreten? Jedenfalls war es der Schatz im Silbersee gewesen.) Ich erquengelte mir einen Spielzeugtomahawk aus Gummi, einem Bambusstab und vielen bunten Federn. Während mein Vater sich mit einem Bekannten unterhielt, wollte ich nun eine Szene aus dem Stück nachspielen: Ein Indianer hatte mit dem Tomahawk nach den Beinen eines Bleichgesichts geschlagen, das aber reaktionsschnell genug war, im rechten Moment in die Höhe zu springen.

Mein Vater sprang nicht. Ich lachte, erklärte ihm die Szene, dass er springen und die Beine heben müsse. Also hob er erst ein Bein, ließ den Tomahawk vorbei und hob dann wie in Zeitlupe das andere Bein.


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