Meine Mutter (7)

Ein Standard der Erziehung ist fraglos das mehr oder weniger regelmäßige Aufräumen des Kinderzimmers. Bei meiner Schwester war es lange nötiger als bei mir, aber auch ich hatte hier bisweilen Schwächen. So hortete ich Comics wie Micky Maus (bzw. eher Donald Duck) bergeweise unter dem Bett, lange Jahre in der Ansicht, sie könnten eines Tages viel Geld wert sein (was sie vermutlich in 70 Jahren auch wären, wenn sie nicht längst entsorgt wären).

Einmal, daran erinnre ich mich noch, räumte meine Mutter wutentbrannt die Comicberge weg, schimpfte wild dabei. Und sie fand peinlicherweise dazwischen irgendwelche schweinischen Zeichnungen, die ich angefertigt und in diesem Papierwust zwischengelagert hatte. Meine Mutter schwebte in einer Mischung aus Erstaunen, Entsetzen und fehlender Ahnung, was sie tun sollte. Meine Schwester kam hinzu, sah die Zeichnungen und lachte sich, auf dem Rücken kugelnd, scheckig. Abgesehen davon, dass die Zeichnungen entsorgt wurden, weiß ich gar nicht, ob diese Entdeckung irgendwelche Folgen für mich hatte. Aber ich kann mich ehrlich gesagt auch nicht genau daran erinnern, wie alt ich damals war, schätze aber, dass ich ca. 12 war.

Ähnlich ist sie mal ausgeflippt, als sie bei mir eine Ausgabe der Cinema entdeckte, die ich damals regelmäßig las. Mir ging es tatsächlich nur um die Filme, meine Mutter sah aber die zwei Kaufargumente einer barbusigen Schönheit – und das zu einem Zeitpunkt, als die Zimmer vieler meiner Freunde längst mit einschlägigen Nacktpostern behängt waren, ohne dass sich da jemand ernsthaft echauffiert hätte. (Und um gleich etwas klarzustellen: Das genannte Cover war mir deshalb egal, weil ich bei Frauen andere Dinge schätze als ihre Oberweite.)


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