Jonathan Franzen, Unschuld

Franzen ist für mich ein seltsames Phänomen. Auf ihn gestoßen wurde ich erst spät, entsprechend nachzüglerisch arbeitete ich mich durch seine Werke. Als nun etwas Neues von ihm erschien, freute ich mich sehr. Zugleich hatte ich den praktischen Vorteil, den Band direkt zum Geburtstag geschenkt zu bekommen. Ich verschlang ihn – meinen aktuell etwas eingeschränkten zeitlichen Möglichkeiten entsprechend – recht zügig. Und trotzdem mir die Geschichte gefiel, obwohl mir etliche Sätze, Absätze und Ideen imponierten oder mich an zum Teil Jahrzehnte alte eigene Überlegegungen erinnerten, merkte ich schon während der Lektüre, was ich als Schwäche bei ihm empfinde.
Seine Sprache, seine Erzählung – das alles ist vorzüglich und enorm unterhaltsam. Nur stelle ich leider bei jeder Franzen-Lektüre fest, dass bei mir praktisch nichts hängen bleibt. Es fehlt die Intensität des Eintauchens wie z.B. bei Murakami, irgendwie verbinde ich emotional nichts mit Franzens Geschichten. Schweres Beben? Öh, worum ging es da noch gleich? Korrekturen? Äh, ja, hab ich gelesen. Freiheit? Tja, zusammenfassen kann ich es sicher nicht. Warum ist das bloß so bei ihm? Ich finde es sehr schade, denn ich fühle mich ja gut unterhalten!

Als amüsante Lektüre kann ich Unschuld dennoch empfehlen, dieses Buch, das die Spätphase der DDR durchaus clever mit modernem Whistleblowertum und einer bizarren Familiengeschichte verknüpft.*

Nebenbei war es doppelt amüsant, Franzen mit Sidekick Denis Scheck in Köln bei einer Lesung auf Deutsch zu erleben. Nun habe ich schon die ein oder andere Lesung hinter mir (von beiden Seiten des Lesepults), aber was ich hier für ein Fanwesen erleben durfte, war mir in diesem Zusammenhang neu.

* Ja, es ist Absicht, dass ich hier nur einen einzigen farblosen Satz über das Buch selbst fallen lasse.


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