Joseph Conrad, Herz der Finsternis

Ach, was ärgere ich mich heute, Conrad erst so spät angefasst zu haben. Allerdings möchte ich nicht ausschließen, dass ich ihn auch weniger gut verstanden hätte, wenn ich ihn 20 Jahre früher gelesen hätte, als ich es getan habe. Kurz zum Herz der Finsternis, einem Klassiker, der schon längst Topos geworden ist. So wichtig der Klassiker für Conrad ist, so farblos erscheint er mir ehrlich gesagt im Vergleich zu manch anderem Buch von ihm. Es ist beinah mehr eine Art Einführung in Conrads Welt.

Übrigens ist bei Conrad eines besonders interessant: Er stammt als Sohn polnischer Russen (russischer Polen?) aus Berdytschiw, der Stadt, aus der auch Wassili Grossman stammt. Einmal vormerken bitte. Mit 20 begann Conrad Englisch zu lernen und war ein sprachliches Wunderkind, weil er es vorzüglich beherrschte.


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Kommentare

5 Antworten zu „Joseph Conrad, Herz der Finsternis“

  1. […] auch Almayers Wahn transkribiert) tritt der umgekehrte Effekt ein, den ich bei der Lektüre vom Herz der Finsternis hatte: Zunächst erscheint Almayer platt, er gewinnt aber eine Tiefe, die den Text wesentlich […]

  2. Avatar von valentino

    Eines der wenigen Bücher, das ich (Jahre später) ein zweites Mal gelesen habe. Besonders einprägsam fand ich die Szene, in der das Dampfschiff im dichten Nebel auf dem Fluss vor Anker liegt, und das Heulen der Dampfpfeife die Schreie aus dem Urwald abschneidet (oder so?). Bestimmt würde dir B. Travens Totenschiff gefallen (falls du es nicht schon gelesen hast).

    1. Avatar von doctotte
      doctotte

      Wie gesagt: Das Herz der Finsternis fand ich im Vergleich zu seinen anderen Stücken noch relativ schwach. Ich räume aber ein, dass daran lag, dass die Geschichte von den ganzen Adaptionen viel zu sehr in unser aller Hirn eingebrannt ist und dadurch die Lektüre überkleistert wird.

      1. Avatar von valentino

        Die Adaptionen (u. a. Coppolas “Apocalypse Now”) sollte man beim Lesen besser ausblenden. Sie könnten die Sicht auf das Original verstellen, das nach wie vor durch seine klare, dichte Sprache besticht. Klarheit bzw. Sparsamkeit der Sprache kann man natürlich durchaus als Farblosigkeit auslegen. Was ich im Nachhinein jedoch außerordentlich bemerkenswert an diesem Roman finde, ist die Verstrickung zwischen äußerer und innerer Welt, die sich in der vielschichtigen Sprache niederschlägt, und welche die tiefen Abgründe hinter der Maske des „modernen Kulturmenschen“ aufzeigt. Ebenso charakteristisch und eindrücklich beschrieben: Die Ambivalenz von Faszination und Abscheu vor der Wildnis. Natürlich ist der Roman nicht frei von, in der Zeit seiner Entstehung in Europa verbreiteten, Vorurteilen gegenüber fremden Kulturen sowie perfidem Kolonialismus. Zugleich legt die Beschreibung jedoch einen kritischen Unterton dieser ausbeuterischen Zustände an den Tag. Allerdings ist meine Lektüre (auch die zweite) schon zu lange her, als dass ich hier genaue Aussagen zum Inhalt machen könnte.

        1. Avatar von doctotte
          doctotte

          Korrekt, die – ja, man muss es fast so nennen: – Verkleisterung des Urwerks durch die modernen Adaptionen sind ein enormes Problem. Man konzentriert sich viel zu sehr auf die Geschichte und die Unterschiede zu den späteren Umsetzungen. Darüber vergisst man den eigenen Textgehalt.
          Das Witzige dabei ist, dass ich mich vor Jahren mal ernsthaft mit der Idee getragen habe, die Geschichte selbst zu adaptieren. Mithin ein Projekt, dass nie über den Status eines längeren Gedankenspiels hinausgekommen ist.

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